Stalag VII A in Moosburg

Eintrag veröffentlicht am 26.05.2021

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Stalag VII A in Moosburg
ehem. Gefangenenbaracke (sog. Sabathiel-Baracke), Egerlandstraße 22
ehem. Wachmannschaftsbaracken, Schlesierstraße 1, 3, 5
85368 Moosburg an der Isar

Erbaut: ab 1939
Geschützte Baudenkmale: ja, seit 2013

Status: akute Gefährdung

In Moosburg an der Isar sind bis heute vier Baracken des Stammlagers (Stalag) VII A erhalten geblieben. Sowohl der authentische Zeugniswert als auch die geschichtliche Bedeutung der Gebäude wurden 2013 mit der Eintragung in die Denkmalliste seitens der Denkmalbehörden bestätigt. Nachdem bereits der überwiegende Teil der früheren Baracken des Lagers durch Umbauten verändert und durch Neubauten ersetzt wurde, sind nun auch die übrigen vier Gebäude durch Verfall und Neubaupläne substanziell in Gefahr. Die letzten Reste des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers drohen zu verschwinden und ein unbequemes Kapitel unserer Geschichte droht in Vergessenheit zu geraten.

Unterstützer: Denkmalnetz Bayern, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Stalag Moosburg e.V.

Ehemalige Kriegsgefangenenbaracke, Egerlandstraße 22, Zustand 2020. Foto: Peter Schabe

Im Herbst 1939 wurde nördlich der damaligen Ausdehnung der Stadt Moosburg mit der Einrichtung eines Kriegsgefangenenlagers begonnen. Erste Gefangene kamen am 19.10.1939 in Moosburg an und mussten weitgehend in Zelten überwintern. In den folgenden Monaten entstanden die Baracken. Ursprünglich ausgelegt für 10.000 Gefangene, war das Lager bei der Befreiung am 29.04.1945 auf rund 80.000 Menschen angewachsen. Sie kamen aus europäischen Nachbarstaaten (u. a. England, Frankreich, Griechenland, Italien, Polen, Serbien) und in großer Zahl aus den Vereinigten Staaten. Dunkelhäutige britische Armeeangehörige („Inder“) und US-Amerikaner („Neger“) erhielten jeweils eine eigene Unterkunft. Deutlich abgetrennt und direkt östlich anschließend an die Isolier- und Seuchenbaracken waren die russischen Kriegsgefangenen untergebracht.

1945 richteten die Amerikaner zunächst ein Internierungslager ein („Civilian Internment Camp No. 6“), 1948 übergaben sie das Gelände dem Freistaat Bayern. In den folgenden Jahren kamen hier Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten unter. Der ursprüngliche Lagergrundriss blieb im Straßennetz ablesbar, Größe und Ausrichtung der Lagerbauten bestimmen bis heute einen Großteil der Grundstücke. Die Baracken aber verschwanden nach und nach bis auf wenige Reste. An der Sudetenlandstraße, der einstigen Lagerstraße, und in angrenzenden Straßen stehen noch wenige Baracken(-reste) im Zustand der 1950er und 1960er Jahre, manche als Schuppen oder Lagergebäude genutzt, andere zu Wohnhäusern umgebaut. In der Egerlandstraße 22 blieb die verkürzte, jahrzehntelang von dem Tischler Adolf Sabathiel als Werkstatt genutzte Baracke erhalten. Seit 2011 Eigentum der Stadt Moosburg, verfiel sie weiter, auch nachdem sie 2013 als Denkmal ausgewiesen wurde.

Die ehemaligen Wachmannschaftsbaracken in der Schlesierstraße (im Vordergrund Baracke 3, im Hintergrund Baracke 5) lassen die Wirkung der früheren Kasernenanlage erlebbar werden. Foto: Christine Fößmeier

Südlich des Kriegsgefangenenlagers auf halbem Weg zur Stadt befanden sich die Unterkünfte der Wachmannschaften. Das ehemalige Kasernengelände verschwand ab 1948 ebenfalls. Nur drei Baracken blieben in der Schlesierstraße erhalten, die Baracke Nr. 1 nach einem Sturmschaden um die Hälfte gekürzt. In allen drei Bauten gibt es trotz einiger Veränderungen noch zahlreiche originale Ausstattungsstücke und Details. Zuletzt waren hier in Baracke Nr. 1 Obdachlose und „sozial Schwache“ untergebracht. Nachdem die Stadt erwog, auch diese Gebäude abzureißen, hat das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege sie 2013 in die Denkmalliste eingetragen.

Mittelflur mit Zwischentüren in einer der ehemaligen Wachmannschaftsbaracken. Foto: Christine Fößmeier

2019 konkretisierte die Stadt dann ihre Pläne: Die ehemaligen Wachmannschaftsbaracken in der Schlesierstraße sollten zugunsten einer Erweiterung des benachbarten Schulzentrums (drei Schulen) aufgegeben werden und eine dringend benötigte Schulmensa, ein Schulsportplatz sowie ein erneuerter Lehrerparkplatz entstehen. Die ehemalige Gefangenenbaracke in der Egerlandstraße verfällt zusehends, Pläne für eine Neubebauung des Grundstücks stehen wohl auch hier im Raum. Inzwischen erhielt sie ein Schutzdach.

Ebenfalls 2019 installierte die Stadt eine Stalag-Arbeitsgruppe und gab 2020 eine Machbarkeitsstudie für ein Dokumentationszentrum in Auftrag. Dieses soll nun (Stand Mai 2021) in der um Anbauten erweiterten Baracke in der Schlesierstraße 1 untergebracht werden, wenigstens eine Wachmannschaftsbaracke soll jedoch weiterhin aufgegeben werden. Ein entsprechender Abrissantrag soll bereits genehmigt worden sein.

Für die Erhaltung und denkmalgerechte Instandsetzung aller vier Baracken treten zurzeit nur wenige engagierte Bürgerinnen und Bürger, das Denkmalnetz Bayern (Offener Brief vom 28.10.2019) und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ein. Ziel könnte eine Einrichtung sein, die ein Museum, ein Dokumentationszentrum und Archiv sowie eine Gedenkstätte umfasst und die Räume für Wechselausstellungen, Veranstaltungen, Forschen und Lernen bereitstellt.

Text: Marie Mamerow
Redaktion: Martin Bredenbeck

Oben: Teile der Baracke in der Egerlandstraße sind bereits eingestürzt und zeigen deutliche Spuren von Vandalismus. Das Schutzdach bietet kaum Schutz von den Seiten, 2020. Foto: Peter Schabe

Quellen:
Denkmalnetz Bayern, Offener Brief an Landrat Josef Hauner und Bürgermeisterin Anita Meinelt vom 28.10.2019
Bayerischer Denkmal-Atlas, Eintrag „Unterkunftsbaracke“
Bayerische Denkmal-Atlas, Eintrag „Baracken der Wachmannschaft“
Alt, Karin: Museumskonzept und 3D-Modell (Moosburger Zeitung, 09.11.2019)
Forster, Armin: „Höchst bedenklicher Zustand“: Experten fordern Rettung von Moosburgs letzter Gefangenenbaracke (Merkur, 26.11.2019)
„Umgehende“ Einhausung (Moosburger Zeitung, 27.11.2019)
Eser, Manuel: Größtes Lager in Deutschland. Vor 80 Jahren kamen die ersten Gefangenen nach Moosburg (Merkur, 29.11.2019)